Wie es wirklich ist in einem Bed and Breakfast zu arbeiten!
Ein Blick hinter die Kulissen, während meines zweiwöchigen Aufenthalts
Typisch England – B&B`s
Eines der Merkmale Großbritanniens sind wohl die kleinen schnuckligen Bed and Breakfasts, die es in jeder noch so kleinen Ortschaft gibt. Wer schon einmal auf der Insel war, wird wohl kaum drum herum gekommen sein, ein paar Nächte in einem zu übernachten.
Betrieben werden diese meistens von Privatpersonen, die Frühstück und Übernachtungsmöglichkeit anbieten, wobei man zwischen einem klassischen B&B noch einmal differenzieren muss. Denn diese bieten im ursprünglichen Sinn nicht mehr als sechs Schlafplätze an. Alles was darüber geht, fällt unter die Bezeichnung „Guest House“. Der Einfachheit halber werden ich die Begriffe jetzt aber zusammenfassen. Immerhin sind sie in ihren Grundzügen gleich.
Denn alles in einem vermitteln diese Art von Übernachtungsmöglichkeiten sehr persönliche und idyllische Zufluchtsorte fernab von den großen Hotels, wo man nur einer von den vielen Gästen ist, die täglich absteigen.
Die Sicht des Gastes hat jeder schon einmal erlebt, doch wie viel Arbeit macht es tatsächlich eines dieser kleinen Gästehäuser zu betreiben?
Wie fühlt sich die Idylle aus der Sicht der Besitzer an?
Blick hinter die Kulissen
Genau zwei Jahre ist es her, dass ich die Chance hatte genau das aus nächster Nähe miterleben zu dürfen. Mein Dad hatte vor einem Jahr, während eines Urlaubs Besitzer eines Gästehauses kennengelernt und mit ihnen Kontakt gehalten. Und ich brannte schon mit 16 Jahren darauf im Ausland Erfahrungen sammeln zu dürfen. Oft hatte ich mir schon Kataloge von Sprachreisen bestellt, nur um immer wieder festzustellen, dass diese unbezahlbar waren und doch lag ich meinen Eltern mit der Idee auf den Ohren.
Schließlich kam Dad der Gedanke, die Besitzer des B&B`s, die er kannte zu fragen, ob sie mich über die Osterferien aufnehmen würden. Ich würde ihnen im Gegenzug aushelfen.
So kam es, dass ich wenige Wochen später mit einem gepackten Koffer alleine in ein lilafarbenes Flugzeug stieg, um bei einem Pärchen zu wohnen, dass ich nie zuvor kennengelernt hatte.
Das Abenteuer beginnt
Das B&B von Mike und Jojan befindet sich in Harrogate, eine hübsche Stadt im schönsten Yorkshire – England. Harrogate selber hat keinen Flughafen, sodass ich eine Stadt weiter in Leeds landete.
Dort wurde ich von Beiden unglaublich herzlich empfangen und schloss sie in gleicher Sekunde in mein Herz. Im B&B angekommen wurde sich bei einer typischen englischen Teatime erst einmal kennengelernt. Und ich sag nur eins dazu – ich bin immer noch süchtig nach dem schwarzen Yorkshire Tea (mit Milch versteht sich)!
So baute ich schnell eine Verbindung zu den Beiden auf und fühlte mich in dem gemütlichen B&B wie zu Hause, indem ich die nächsten zwei Wochen mithelfen würde. Schon bald hatte ich die tägliche Routine verinnerlicht…
Die typische Routine
English Breakfast
Der Morgen begann um 6 Uhr. Denn das Frühstück musste für die Gäste gemacht werden. Ganz klassisch ging es dabei um Toast und einen Teller voller englischer Delikatessen. Wer ein „Full English“ bestellte – bekam Ei, Bacon, Sausage (eine Art Bratwurst), Hush Browns (Kartoffelecken), Tomaten, Pilze und Baked Beans (gebackene Bohnen). Wenn dir das jetzt wie ein Mittagessen vorkommt, dann kann ich dir nicht wiedersprechen.
Einmal brachten Mike und Jojan mich dazu das Ganze zu essen und ich kam wie sie zu dem Schluss, dass es zwar ganz lecker war, aber absolut nichts für jeden Tag. Eine der Sachen auf die man sich als Besitzer einstellen muss: jeden Tag die gleichen Gerichte kochen, die für Urlauber etwas Besonderes sind, dir aber schon bald zu den Ohren raushängen.
Ab um 8 Uhr kamen dann die ersten Gäste aus ihren Zimmern gekrochen. Meine Aufgabe war es von da an, sie nach ihren Getränke- und Essenswünschen zu befragen. Notiert, Weitergegeben und Zubereitet, servierte ich dem Gast dann die jeweiligen Sachen.
War das Frühstück dann beendet, musste natürlich alles wieder aufgeräumt, saubergemacht und in den Ursprungszustand zurückversetzt werden. Dann war es gegen elf Uhr an der Zeit, selber etwas zu essen und einen Yorkshire Tea mit Milch zu trinken. Mit Unterbrechung, je nachdem wie viele Gäste auscheckten.
Zimmer säubern
Kurz darauf ging es weiter mit – Aufräumen, Saubermachen. Nur diesmal in den Zimmern der Gäste. Durchsaugen, Toilettenpapier auffüllen und das wichtigste und anspruchsvollste – das Bett zu beziehen.
In England eine eigene Kunst. Da das Bett, bestehend aus dicker Decke und Tagesdecke, so fest in den Bettkasten gesteckt wird, dass man selber zum umhüllten Sausage wird, wenn man darin liegt. Doch so mögen es die Engländer am liebsten.
Dann musste noch die kleine Snackbar aufgefüllt werden, bestehend aus einer Flasche Wasser, Keksen und vor allem Teebeuteln, denn einen Wasserkocher gab es in jedem Zimmer. Nach getaner Arbeit wurden noch Besorgungen gemacht, je nach dem an was es gerade so fehlte.
Einchecken der neuen Gäste
Somit war der Nachmittag dann schon lange angebrochen und es war Zeit … für was wohl? Natürlich für die Teatime! Während dieser wurden Reservierungen gecheckt, die neuen Gäste erwartet und schließlich in Empfang genommen.
Damit endete dann der typische Tagesablauf in einem B&B.
Ist das Alles?
Oh nein. Als Betreiber hat man mit noch einigem mehr zu kämpfen, als man als Außensteher erwarten würde. Zum Beispiel sind da die ein dutzend täglichen Telefonanrufe von Unternehmen, die dir etwas verkaufen wollen.
Dann die Gäste, die weit nach der ausgemachten Uhrzeit eintreffen und die, die nicht wissen, wie man sich in einer Unterkunft zu verhalten hat. Viel steht und fällt mit den Gästen, aber auch mit dem Haus, das ständiger Sanierung bedarf. Mal wackelt ein Türknauf, mal taucht ein neuer Fleck auf dem Teppich auf, oder das Wasser will einfach nicht warm werden.
Und wer weiß schon, wann der Inspektor mal wiederauftaucht? Langeweile, kommt garantiert nicht auf!
Wofür lohnt es sich dann?
Wie schon gesagt – alles steht und fällt mit den Gästen. Denn die bringen echte Abwechslung in den Arbeitsalltag. Denn in einem Gästehaus treffen alle möglichen Nationalitäten und Altersgruppen aufeinander. In dem kleinen B&B bleibt dabei niemand so wirklich Anonym. So kommt man ins Gespräch, ob beim Einchecken oder beim Frühstück.
Es entstehen flüchtige Bekanntschaften, witzige Anekdoten und auch langanhaltende Freundschaften wie die mit meiner Familie.
Meine Bekanntschaften
Auch während meiner Aufenthaltszeit, hatten wir einige interessante Personen zu Gast. Dies war vor allem einer Science-Fiction-Convention geschuldet, die in dem Messegebäude, ganz in der Nähe von uns eine Woche lang stattfand.
So servierte ich einer Lektorin mit buntgefärbten Haaren aus London „Beans on Toast“. Dazu brieten wir der Veganerin, die Pilze mit Kokosöl anstatt mit Butter an.
Der wohl außergewöhnlichste Gast, dem ich begegnete, war ein Mann, der es tatsächlich schaffte, eine Woche lang jeden Tag ein volles englisches Frühstück zu verspeisen. Dabei trug er eine Bauchtasche, die voller Buttons war. Oder waren es eher Buttons zusammengehalten von einer Bauchtasche? Später fand ich heraus, dass er Autor war, sowie einen Podcast über Pubs führte. Über die Art seiner Bücher will ich, aber lieber nichts weiter preisgeben. Sagen wir so, es war eine sehr skurrile Mischung – so wie sein Erscheinen selber.
Als letztes gab es noch einen jungen Chinesen, der schon beim Frühstück am Laptop arbeitete und in einem so schnellen Englisch seine Bestellung aufgab, dass ich peinlicherweise dreimal nachfragen musste, bevor ich verstand, was er haben wollte. Dafür war er umso freundlicher und nach einem längeren Gespräch – ich hatte mich mittlerweile an seinen Akzent gewöhnt – erfuhr ich, dass er einmal längere Zeit in Deutschland gelebt hatte.
Natürlich gab es noch sehr viel mehr Gäste, die aber eher dem Standard entsprachen. Wie außerordentlich britische Großeltern, Familien im Kurzurlaub und Einzelpersonen, die sich nur aufgrund von beruflichen Gründen in Harrogate aufhielten. Doch an diese drei Gäste kann ich mich bis heute noch erinnern, als wäre es gestern gewesen.
Fazit
Nach zwei Wochen Gästehausluft schnuppern, weiß ich, wie mühsam es ist, jeden Tag früh aufzustehen, Zimmer zu säubern und Betten zu beziehen. Das ist alles andere als leichte Arbeit und dabei gerademal die tägliche Routine.
Andererseits gab es auch nichts Schöneres, als bei dem Frühstück mit den Gästen ins Gespräch zu kommen oder nach getaner Arbeit mit einer Tasse Yorkshire Tea in das weiche Chesterfield Sofa von Mike und Jojan zu sinken und ihren Geschichten zu lauschen.
Denn in einem B&B steckt beides zugleich: alltägliche Routine, genau wie so einige Überraschungen, die immer auf dich zukommen, wenn du sie am wenigsten erwartest. Ich kann nur sagen, dass die zwei Wochen in dem Guesthouse, mit die besten und spannendsten waren, die ich je erleben durfte.
Wenn du noch mehr erfahren willst …
Dabei waren es gerade mal zwei Wochen! Mike und Jojan führen das B&B mittlerweile, aber schon seit zehn Jahren. In denen haben sich so viele Geschichten und lustige wie ernste Begebenheiten angehäuft, dass man Bücher damit füllen könnte.
„Rooms Tonight“
Und das hat Mike tatsächlich gemacht! Letztes Jahr erschien sein Buch „Rooms Tonight“, was all die Erlebnisse zusammenfasst. In schönster, britischer Ausdrucksweise mit einem perfekten Funken Humor! Nicht nur liefert das Buch Auskunft über all die Geschichten, denen ich bei meiner Tasse schwarzen Tee mit Milch lauschen durfte, sondern beschreibt auch gänzlich wie es ist, der Besitzer eines Gästehauses zu sein.
Ein Kommentar
penelope smith
Die Informationen, die Sie hier zum Thema Bed and Breakfast anbieten, bieten einen guten Überblick. Jetzt sollte ich in der Lage sein, eine bessere Entscheidung zu treffen. Meiner Meinung nach sollte dies immer in einer gut informierten Weise geschehen.